Virtual Reality, Augmented Reality und 360-Grad-Videos: Was sind die Unterschiede?

Der Markt der Buzzwords brodelt, wenn es um Virtual Reality geht. Eine kleine Einführung in die Begrifflichkeiten, von Mixed Reality bis hin zu den 360-Grad-Videos. Und etwas Augmented Hearing zum Schluss.

Die Elektronikmesse CES 2017 in Las Vegas hat es wieder einmal bestätigt, und ich sag’s auch schon lange: Virtual Reality ist das Thema der Stunde. Zur Zeit sind sich die Marktauguren noch unschlüssig, wann Virtual Reality im Endkonsumentenmarkt ankommt. Eines zeigt sich aber schon heute: Die Verwirrung um die Begriffe in dem Thema ist schon jetzt gross. Virtual Reality, Augmented Reality und 360-Grad-Videos: Was ist eigentlich was?

(Bild: Screen Capture / Jack Mackie / YouTube)

Häufig werden die Begriffe synonym verwendet, was wenig hilfreich ist. Ausserdem sind viele Geräte aus dem Bereich für verschiedene Formate geeignet: Ein einfaches Headset wie Google Cardboard kann für Virtual-Reality-Anwendungen genutzt werden, spielt aber auch 360-Grad-Videos ab. Ich glaube aber, dass es bei der Planung der eigenen Marketing-Kommunikation oder im Gespräch mit Agenturen hilft, wenn man ungefähr weiss, wovon man redet. Deshalb hier ein kleines Glossar.

Das virtuelle Kontinuum

Die Begriffe sind im Grunde seit langer Zeit wohl definiert. Viele Experten beziehen sich heute auf eine Arbeit von Paul Milgram und Fumio Kishino aus dem Jahre 1994. In diesem Wissenschaftspapier haben sie eine Taxonomie für die Unterformen von Virtual Reality diskutiert. Herausgekommen ist dabei eine Aufteilung entlang eines virtuellen Kontinuums:

(Darstellung: Kjomi, CC-BY-SA 4.0)

Der äusserste linke Punkt, «Echte Umgebung» zeichnet sich dadurch aus, dass sie ausschliesslich aus realen Objekten besteht, während auf der rechte Seite ein Zustand zu finden ist, der ausschliesslich aus virtuellen Objekten besteht. Alle Abstufungen dazwischen werden als Mixed Reality bezeichnet, wobei «Augmented Reality (erweiterte Realität)» und «Augmented Virtuality (erweiterte Virtualität)» als zwei wichtige Zwischenzustände bezeichnet werden.

Virtual Reality: Eintauchen in eine andere Welt

Virtual Reality oder virtuelle Realität bezeichnet eine Situation, in der die Person sich in einer Umgebung bewegt, die ausschliesslich aus virtuellen Objekten, meist computergeneriert, besteht. Die Person hat den Eindruck, in diese Welt vollständig einzutauchen (Immersion), die reale Welt draussen wird nicht mehr wahrgenommen. Der Nutzer interagiert mit den virtuellen Objekten und verändert damit unter Umständen seine virtuelle Umgebung.

2015 hat der Wanderschuhhersteller Merrel ein neues Modell eingeführt, und dafür eine «Walk around Virtual Reality» geschaffen. Anders als bei herkömmlichen Virtual-Reality-Anwendungen bewegt sich der Nutzer im Raum, mittels Sensoren im Raum werden seine Bewegungen in die Virtual-Reality-Umgebungen integriert.

Augmented Virtuality: Eine echte Hand in der virtuellen Welt

Augmented Virtuality oder erweiterete Virtualität bezeichnet eine virtuelle Welt, die durch reale Objekte ergänzt wird. Der Begriff bzw. auch die Anwendung oder Technologien in diesem Bereich sind heute noch kaum auszumachen. Intel arbeitet an AV-Technologien, mit denen mittels Smartphone-Kameras reale Gegenstände in eine virtuelle Umgebung integriert werden können. Andere Versuche gehen dahin, ein virtuelles Meeting mit den «echten» Teilnehmern zu bestücken – oder zumindest deren Händen.

Augmented Reality: Die richtige Welt ein Stück besser machen

Augmented Reality oder erweiterte Realität meint den Blick auf die reale Welt, der mittels digitalen oder virtuellen Informationen eben erweitert wird. AR-Umgebungen sind weit weniger immersive als reine Virtual Reality-Umgebungen, und häufig ist auch der Interaktionsgrad geringer. Wer sich einen neuen Converse-Schuh kaufen will, kann etwa mittels Smartphone-App verschiedene Modelle ausprobieren – sehr einfach, aber auch sehr effektiv.

Die Hololens von Microsoft ist sicher noch ausgeklügelter, der Nutzer interagiert sehr viel mehr mit den virtuellen Objekten. Deshalb benutzt Microsoft dafür den Begriff «Mixed Reality», was dem Begriffswirrwarr leider nicht gerade zuträglich ist.

Die Welt formerly known as die echte Welt

Die «echte Umgebung», zum Schluss, meint eben, nun ja, die Welt da draussen. Diese Bezeichnung wird auch verwendet, wenn die Welt über ein Smartphone oder ein Video betrachtet wird. Also bloss weil ein elektronisches Hilfsmittel verwendet wird, macht es die normale Welt noch nicht virtuell.

360-Grad-Videos: Cool, aber nicht Virtual Reality

Diese Unterscheidung bzw. Definition mag haarspalterisch klingen, aber sie ist wichtig, um ein anderes Buzzword der Stunde einordnen zu können: die 360-Grad-Videos. Dieses Medienformat wird inzwischen von allen grossen Plattformen wie YouTube und Facebook unterstützt und erfreut sich grosser Beliebtheit. Und, im aktuellen Hype, werden 360-Grad-Videos eben häufig als Virtual Reality bezeichnet. Was sie aber nicht sind: Die gezeigten Objekte sind gefilmt und nicht computergeneriert, also nicht virtuell. Ausserdem sind die Möglichkeiten zur Interaktion eingeschränkt. Man kann sich zwar beliebig durch ein 360-Grad-Video hindurch bewegen, aber der Nutzer verändert nichts an dieser Umgebung. Ein 360-Grad-Video bleibt immer dasselbe, egal, wer es sich ansieht.

Das 360-Grad-Video eines Interviews mit Michelle Obama zeigt eine elegante Lösung für ein grosse Herausforderung der 360-Grad-Videos: Wie führt man den Zuschauer durch eine Geschichte, wenn er sich darin bewegen kann, wie er gerade will?

360 Grad ist nicht immer 3D

Um bei den Rundum-Bildern zu bleiben: 360-Grad-Fotos lassen sich in 2D wie auch in 3D aufnehmen. Jedes Smartphone, das Google Steet View installiert hat, kann mit der dort eingebauten Kamera-App 360-Grad-Fotos aufnehmen. Es wird allerdings bloss ein 2D-Bild dabei rauskommen. Für ein 3D-Bild, das eben stereoskopisch aufgenommen wird, benötigt die Kamera mindestens zwei Objektive, die die fotografierte Umgebung leicht versetzt aufzeichnen. Dafür gibt es mit Kameras von Ricoh, Samsung oder Kodak inzwischen Consumer-Devices für 300 Franken, die solche 3D-Aufnahmen erlauben.

Ganz frisch: Augmented Hearing

Wenig sinnvoll ist die Unterscheidung dieser verschiedenen Anwendungen mit Hilfe der eingesetzten Technologie. Ein Virtual-Reality-Headset von Oculus kann dazu verwendet werden, ein 3D-360-Grad-Video anzuschauen – das macht das Video aber noch nicht zu einer Anwendung der virtuellen Realität. Ausserdem werden wir in den nächsten Jahren andere Anwendungsfelder sehen, etwa im Bereich der so genannten «Hearables». Das Buzzword dafür heisst «Augmented Hearing». Mit Produkten wie den Here One von Doppler Labs kann man seine akutische Umwelt beeinflussen und ergänzen; also das schreiende Kind im Zug etwas leiser stellen, oder den Bass im Livekonzert etwas anheben.

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tl;dr

Mixed-Reality-Anwendungen werden früher oder später auf den Pendenzenlisten von Marketing- und Kommunikationsmenschen auftauchen. Es scheint mir deshalb sinnvoll, wenn man ungefähr weiss, wovon man redet. Oder was einem die Agentur gerade verkaufen will.
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Kommentare

2 Antworten zu „Virtual Reality, Augmented Reality und 360-Grad-Videos: Was sind die Unterschiede?“

  1. Avatar von Pete

    Meiner Meinung nach, ist es nicht so einfach, 360Grad Videos nicht der VR zuzuordnen. Interaktivität lässt sich ja problemlos in 360 Grad Videos einbauen. Dabei kann der User zum Beispiel von einem Bildausschnitt zum nächsten springen und nimmt damit Einfluss auf seine Umgebung.
    Wenn man hier noch nicht von Virtual Reality sprechen kann, dann aber sicher bei 360Grad Videos, die mit einer Lichtfeldkamera aufgenommen werden. Dort wird das Bild in 3D auf dem Computer nachgebaut und ist anschliessend beliebig veränderbar.

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