tsū ist ein soziales Netzwerk, das die Nutzer und Nutzerinnen an den Werbeeinahmen beteiligen will. Eine ganz furchtbare Idee.
Gelungener Markteintritt mit neuer Idee
tsū ist eine gelungene Sache: Bereits mit der ersten Version bietet das Netzwerk alles, was man von Facebook kennt. Man muss dem Unternehmen gratulieren: Mit einem derart gelungenen und auch ausgereiften Produkt an den Markt zu gelangen, ist eine Leistung.
Natürlich ist tsū eine Copycat, die Features und Funktionalitäten sind nicht neu, sondern bei Facebook abgeschaut. tsū will vor allem auf der Ebene des Konzepts einen Unterschied machen: Die User werden an den Werbeeinnahmen beteiligt. Wieso soll nur der Betreiber einer Plattform verdienen, wo doch die User den Inhalt erstellen und damit die Aufmerksamkeit generieren, die der Plattformbetreiber dann vermarktet? tsū will das ganz einfach lösen: Je mehr und je beliebtere Beiträge der einzelne User auf tsū publiziert, desto mehr verdient er.
Noch mehr Noise, noch mehr Spam
Das ist eine furchtbare Idee. Eine wirklich sehr ungeheurliche Vision. Denn was heisst das in der Konsequenz? Die User beziehungsweise meine Freunde auf tsū werden alles daran setzen, möglichst viel zu publizieren. Und das ist genau das, was wir im Moment nicht brauchen. Das Grundrauschen, der Level an Noise, ist schon so hoch, dass es schwierig wird, die relevanten und guten Inhalte zu finden. Zudem ist absehbar, dass wir auf tsū dann auch die meist versprechenden Taktiken anwenden werden, um unsere Inhalte beliebt zu machen.
heftig.co lässt grüssen
Buzzfeed oder heftig.co haben in den letzten Monaten vorgemacht, wie man viele Likes und Shares generiert. Ihre Taktiken des Linkbaitings sind erfolgreich, aber für den Nutzer derart sinnfrei, dass Facebook dem Treiben Einhalt gebieten will. Die Prognose, dass genau diese Methoden auf tsū von uns Usern angewendet werden, ist also durchaus zulässig.
Boost your monetization
Nun, das sind Micropayments und die User sind schlau, die werden sich nicht für solche kleinen Beträge prostituieren. Ein Argument. Bloss: Wenn man sieht, was wir für Likes auf Facebook tun, zweifle ich daran. Wir sind auf Anerkennung aus und das leitet unser Verhalten, selbst wenn es nur um Likes geht. Oder weshalb postet niemand Selfies, wenn er Migräne hat? Was machen wir also erst für Geld? «Boost your monetization» lautet der Aufruf, den ich aktuell auf tsū finde. Zuerst, so der Vorschlag, indem ich meine Adressbücher importiere. Ich finde das unsympathisch.
Die Grundfrage «Wieso soll nur Facebook an unseren Inhalten verdienen?» finde ich sehr bedenkenswert; sie ist im Moment nur halb beantwortet (Facebook bezahlt die Infrastruktur für mich, das wäre die erste Hälfte der Antwort.) Die Lösung, die tsū vorschlägt, finde ich allerdings sehr untauglich.
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