Das ungenutzte Potenzial des Content Marketing: Wir kaufen Wanderschuhe

Content Marketing bietet die Chance, potenzielle Käufer und Käuferinnen früh anzusprechen. Deren Suche beginnt früher, als wir oft meinen.

Bild: Tristan Schmurr bei flickr.com / CC BY
Bild: Tristan Schmurr bei flickr.com / CC BY

Kaufentscheidungen werden im Web vorbereitet. Diese gut belegte Tatsache ist aber für viele Unternehmen heute nicht handlungsanleitend – denn sonst würden sie andere Inhalte auf ihrer Website publizieren. Welches Potenzial Content Marketing für viele Unternehmen bietet, zeigt sich am Beispiel von Wanderschuhen. 

Was soll ich kaufen?

Wanderschuhe zu kaufen ist eine heikle Angelegenheit. Die Modellvielfalt ist riesig, und für jedes Bedürfnis gibt es ein entsprechendes Angebot. Für den Käufer ist es sehr wichtig, den richtigen Schuh zu erwischen – wer will schon stundenlang mit schmerzenden Füssen rumlaufen oder auf dem Gletscher bemerken, dass das steigeisenfeste Modell doch die bessere Wahl gewesen wäre. Zuerst muss ich als Käufer wissen, was ich brauche – unabhängig von Marke und Preis: In welches Gelände will ich, was ist die richtige Grösse, was für eine Sohle benötige ich – tausend Fragen. Eigentlich die Fragen, die jeder kompetente Verkäufer in einem Ladengeschäft beantworten kann.

Die Google-Suche beginnt früher, als wir meinen

Nehmen wir an, diese Informationsbeschaffung beginnt mit einer Google-Anfrage «Wanderschuhe kaufen was beachten». Die Resultate können überraschen: In den organischen Suchresultaten tauchen wenige Händler auf, die Wanderschuhe verkaufen. Vielmehr sind es Online-Magazine, Konsumentenorganisationen oder Hobby-Websites. In meinen Versuchen schaffte es nur ein Händler, mich in dieser frühen Phase der Kaufentscheidung anzusprechen.

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Schneller, sichtbarer – erfolgreicher

Sieht man sich diese Seite an, wird auch klar, weshalb sie es in den organischen Suchresultaten auf einen guten Platz bringt: Meine Frage wird sachlich und konkret beantwortet. Sehr hilfreich werden alle notwendigen Aspekte abgedeckt. Und: Es ist kein Verkaufsgespräch. Hier wird seriöses Content Marketing betrieben.

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Welchen Nutzen zieht nun dieser Händler aus seinen Content-Marketing-Anstrengungen?

  • Suchmaschinenoptimierung: Der Händler hat alle anderen Verkäufer in den Google Rankings geschlagen. Das dürfte auch bedeuten, dass er mehr Traffic auf der Website verzeichnen kann.
  • Frühe Ansprache: Anders als alle anderen Händler hat es Bergzeit geschafft, mich früh in meiner Kaufentscheidung abzuholen. Ich kannte den Händler vorher nicht – plötzlich ist er aber in mein geistiges Set an möglichen Verkäufern aufgenommen worden.
  • Mögliche Conversion: Bin ich auf dem Fachbeitrag, ist es – auch wenn die Verkaufsabsicht nicht im Vordergrund steht – nur ein Klick bis zum Shop. Die wichtigste Hürde aber, nämlich mich überhaupt auf die Seite zu bringen, hat der Verkäufer bereits genommen.
  • Markenpositionierung: Als potenzieller Käufer lerne ich beim Lesen des Fachartikels einiges über den Verkäufer und sein Team: Offensichtlich verstehen sie ihr Geschäft und sind sehr kompetent. Ausserdem beantworten sie meine Frage, ohne dass sie mir gleich einen Schuh aufdrängen wollen. Sie helfen mir. Der Brand wirkt sympathisch und hilfsbereit. Ganz ehrlich, das müssen gute Menschen sein.

Die frühe Ansprache ist entscheidend

Wieso ist es wichtig, potenzielle Käufer möglichst früh anzusprechen? Diese Frage lässt sich mit einer zweiten Google-Anfrage beantworten. Angenommen, ich weiss, welchen Schuh ich brauche und möchte kaufen. Ich tippe «Wanderschuh kaufen» ein. Das Resultat: ein riesiges Gedränge auf der Suchmaschinen-Seite. Neben den organischen Einträgen, die nun überwiegend von Händlern sind, buhlen die Anzeigen und bezahlten Google-Plätze um meine Aufmerksamkeit. Und Google, nie um Geschäftsideen verlegen, zeigt mir auch gleich eine Shopauswahl an.

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Nun wird es zur Lotterie, ob jemand auf den Eintrag eines Händlers an dritter oder vierter Stelle klickt oder nicht. Man kämpft mit allen anderen Händlern um die Aufmerksamkeit und muss sich gleichzeitig noch gegen Googles Shop behaupten. Ausserdem ist wahrscheinlich, dass in dieser Phase der Kaufentscheidung beim Käufer schon sehr viel Informationen vorhanden sind. Der Preis wird jetzt wahrscheinlich zum entscheidenden Kriterium.

Das Beratungsgespräch im Web

Das Potenzial von Content Marketing wird noch viel zu wenig ausgenutzt. Zu sehr liegt der Fokus auf dem raschen Abverkauf. Es wird wenig Wert darauf gelegt, potenzielle Kunden möglichst früh anzusprechen. Dadurch verpassen Unternehmen Chancen und tauchen unter Umständen schlicht und ergreifend zu spät in meinem Entscheidungsprozess auf. Dabei braucht es nicht viel: Die Eigenschaften und die Inhalte eines guten Beratungsgespräches in das Web zu übertragen. Das Web hat einiges verändert, die grundsätzlichen Aspekte guter Verkaufsarbeit funktionieren aber heute genau gleich wie damals beim Schuhmacher um die Ecke.

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tl;dr

Unternehmen verpassen es oft, potenzielle Kunden frühzeitig anzusprechen. Wer ihre Fragen rechtzeitig beantwortet, verkauft besser – dank gutem Content Marketing.

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Kommentare

2 Antworten zu „Das ungenutzte Potenzial des Content Marketing: Wir kaufen Wanderschuhe“

  1. Avatar von Erich Schwarz

    Lieber Thomas, ich finde das ein sehr gelungenes Beispiel von nutzwertigen Inhalten, die dann dem Shop Traffic bringen. Eine Schwierigkeit, die aber vorgelagert ist: Klicken wir nicht alle lieber auf «neutrale» Inhalte (Zeitungen, Online-Magazin, Konsumentenplattformen)?
    Bergzeit ist hier als Einäugiger unter den Blinden König, doch gibt es einige mächtigere Herrscher – jene mit Augenpaaren.

    1. Avatar von Thomas Mauch
      Thomas Mauch

      Hallo Erich, danke für die Rückmeldung. Ja, das glaube ich auch: Händler wie Bergzeit stellen sich der Konkurrenz der traditionellen Medienhäuser – sicher keine einfache Aufgabe. Es gibt zwei Aspekte, weshalb ich glaube, dass eine solche Strategie aber aufgehen kann: Erstens ganz «banal» – die Qualität der Inhalte. Man muss einfach besser sein. Und zweitens glaube ich zu beobachten, dass der Absender eines Inhaltes im Web etwas weniger wichtiger wird. Wir lesen dort, wo wir das Gesuchte finden.

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